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Beschleunigung der Betriebsprüfung oder der neue Streit der Vorlagefristen

 
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Die Beschleunigung von Betriebsprüfungen ist von vielen Steuerpflichtigen gewünscht. Auch die Finanzverwaltung wäre froh, Mittel und Wege zu haben, um zeitnäher abschließen zu können. Aber ist der geplante § 200a AO die Lösung?

 

Der neue Streit der Vorlagefristen: Beschleunigung von Außenprüfungen (30 Tage) versus Verrechnungspreisdokumentation (60 Tage)

(Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums vom 12.07.2022)

Einleitung

Eine Betriebsprüfung hat aus Sicht der Steuerpflichtigen häufig zwei Seiten. Zum einen möchte man eine möglichst zeitnahe Betriebsprüfung, damit Sachverhalte endgültig abgeschlossen werden könne, der Zinslauf gestoppt wird und man Handlungssicherheit für die Zukunft hat. Auf der anderen Seite kann es zu hohen Mehrbelastungen kommen, wenn der Betriebsprüfer seine Position nutzt, um Druck aufbauen und die Zustimmung des Steuerpflichtigen quasi erzwungen wird, da ansonsten ein zeitnaher und einvernehmlicher Abschluss der Betriebsprüfung nicht möglich ist.

Neue Vorlagefrist von 30 Tagen in Betriebsprüfungen geplant (§ 200a AO)

Der Referentenentwurf des BMF vom 12.07.2022 sieht mit dem neuen § 200a AO eine Neuregelung der Abgabenordnung vor, mit der die Durchführung von Betriebsprüfungen beschleunigt werden soll. Unter anderem soll eine Vorlagefrist für Unterlagen von 30 Tagen eingeführt werden.

vgl: Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts“

link: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/20_Legislaturperiode/2022-07-12-Gesetz-zur-Umsetzung-der-Richtlinie-EU-2021-514/1-Referentenentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Zusätzlich soll es Sanktionsmöglichkeiten der Finanzverwaltung geben, wenn die qualifizierten Mitwirkungspflichten vom Steuerpflichtigen nicht erfüllt werden (sogenanntes qualifiziertes Mitwirkungsverlangen in Außenprüfungen). Ein Mitwirkungsverzögerungsgeld wird sodann festgesetzt. Dieses soll für jeden vollen Tag der nicht vollständigen Erfüllung des Mitwirkungsverlangens EUR 100 für längstens 100 Kalendertage betragen, im Höchstfall also EUR 10.000.

Des Weiteren soll unter bestimmten Voraussetzungen nach dem Ermessen der Finanzbehörde auch noch ein Zuschlag auf das Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt werden dürfen.

 Es gibt aber schon den § 146 Abs. 2c AO……

Die bisher im Referentenentwurf vorgesehene Neuregelung eines neuen § 200a AO dürfte sich in der Praxis als rechtlich problematisches Instrument erweisen. Zunächst ist nicht plausibel, warum der bisherige § 146 Abs. 2c AO, der mit gleicher Zielrichtung ein Verzögerungsgeld vorsieht, nicht ausreichend sein soll, um geprüfte Unternehmen zur zügigen Vorlage verlangter Unterlagen und Daten anzuhalten.

Die für die Außenprüfung relevanten Passagen des § 146 Abs. 2c AO lauten:

„Kommt der Steuerpflichtige der Aufforderung  …  zur Einräumung des Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6, zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage angeforderter Unterlagen im Sinne des § 200 Abs. 1 im Rahmen einer Außenprüfung innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist nach Bekanntgabe durch die zuständige Finanzbehörde nicht nach … , kann ein Verzögerungsgeld von 2.500 Euro bis 250 000 Euro festgesetzt werden.“

Das im Referentenentwurf vom 12.07.2022 vorgesehene „Mitwirkungsverzögerungsgeld“ ist ebenso wie bereits die Androhung der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes gemäß § 146 Abs. 2c AO ein dem Einspruch zugänglicher Verwaltungsakt. Eine solche Regelung wird wahrscheinlich in der Praxis weniger zur Beschleunigung von Außenprüfungen beitragen als vielmehr zur Vergiftung des Umgangstons zwischen Steuerpflichtigen und Betriebsprüfung. Insbesondere dann, wenn die im Verwaltungsakt vorgesehene Frist von einem Monat für den Steuerpflichtigen objektiv nicht erfüllbar ist oder die Fristüberschreitung auf die mangelnde Mitwirkung Dritter (Buchführungsbüro, Steuerbüro, Insolvenzverwalter) zurückzuführen ist. Auch die Höhe des Tagessatzes des Mitwirkungsverzögerungsgeldes birgt ebenso Konfliktpotenzial wie Fallkonstellationen, in denen die Monatsfrist nur um einige Tage überschritten wurde und dennoch ein in das Ermessen der Finanzbehörde gestelltes Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt wird.

Der neue § 200a AO könnte zudem viel Raum für eine willkürliche und uneinheitliche Anwendung geben. Dies dürfte die Praxis sowohl auf Seiten der Steuerpflichtigen als auch auf Seiten der Finanzverwaltung mehr verunsichern, als dass es für Klarheit und Beschleunigung sorgt.

Die gewünschte Beschleunigung könnte sogar ins Gegenteil umschlagen, wenn gegen den Verwaltungsakt i.S.d. § 200a AO Einspruch erhoben wird und erfolgreich ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wird. Der Finanzgerichtsweg dürfte zudem gemäß § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) geöffnet sein.

Es bleibt daher abzuwarten, ob die im Entwurf vorgesehene Neuregelung eines § 200a AO in der bisherigen Form das Gesetzgebungsverfahren überstehen wird.

Konflikt zu § 90 Abs. 3 AO….

Die geplante Vorschrift des § 200a AO steht zudem im Konflikt zur derzeit geltenden Vorlagefrist für Verrechnungspreisdokumentationen in einer Betriebsprüfung. Aktuell muss die Verrechnungspreisdokumentation innerhalb einer Frist von 60 Tagen und nach Aufforderung durch die Finanzverwaltung eingereicht werden (§ 90 Abs. 3 AO).

Sollte der § 200a AO auch hier Anwendung finden und die Vorlagefrist auf nur noch 30 Tage verkürzt werden, dürfte dies massive Praxisprobleme verursachen. Die Praxis zeigt, dass es multinationalen Unternehmen in Deutschland kaum möglich sein wird, der Finanzverwaltung innerhalb von 30 Tagen eine Verrechnungspreisdokumentation zur Verfügung zu stellen.

Die faktische Halbierung der der Vorlagefrist auf nur noch 30 Tage könnte sodann zur Versagung der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen durch die Finanzverwaltung führen. In diesem Fall drohen dem Steuerpflichtigen Sanktionen. Insbesondere diejenigen Unternehmen, die bisher keine Verrechnungspreisdokumentation erstellen oder einreichen mussten, weil sie nicht explizit im Sinne des § 90 Abs. 3 Abgabenordnung dazu aufgefordert wurden, müssten somit eine Verrechnungspreisdokumentation proaktiv vor einer Betriebsprüfung erstellen und nicht erst auf die kommende Betriebsprüfung warten.

Bestehende Eingaben

Bisher bestehen bereits 20 Eingaben von unterschiedlichen Verbänden zum Referentenentwurf vom 12.07.2022. Nicht alle natürlich zu § 200a AO; einige aber schon.

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/20_Legislaturperiode/2022-07-12-Gesetz-zur-Umsetzung-der-Richtlinie-EU-2021-514/0-Gesetz.html

 

Geschrieben von

TAX TOWN ➜ Der Blog für das internationale Steuerrecht vom Steuerberater Frankus, Ihrem Experten für die internationale Steuerberatung mit Sitz in Düsseldorf.

Frankus Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
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